Eine Freizeitbeschäftigung erfreut sich seit Beginn der Corona-Pandemie ganz besonderer Beliebtheit: der Spaziergang. Getrübt wird das neue Lieblings-Hobby der Münchner*innen allerdings durch den Anblick überquellender Mülleimer. Der Verbrauch von Styropor-Schachteln, Kaffeebechern und Plastik-Besteck ist seit der Schließung von Restaurants und Cafés enorm angestiegen. Doch Plastikgeschirr gilt nicht erst seit dem erhöhten To-Go-Betrieb als Umweltsünder.
Einweggegenstände aus Plastik, für die es bereits eine gute Alternative gibt, sind ab Juli 2021 in allen EU-Mitgliedsstaaten verboten. Dazu zählen unter anderem Trinkhalme, Wattestäbchen, Plastikbesteck und -geschirr sowie Essensverpackungen aus Styropor. Was leider nicht darunter fällt, sind To-Go-Becher für Kaffee. Allein in München werden – wohl gemerkt vor der Corona-Pandemie – täglich 190.000 solcher Einwegbecher verbraucht. Und das bei einer durchschnittlichen Nutzungsdauen von nur 10 Minuten! Um Plastikmüll weiter zu reduzieren, hat das Bundeskabinett jetzt eine Änderung des Verpackungsgesetztes beschlossen: Ab 2023 sollen Cafés, Restaurants und Bistros verpflichtet werden, ihren Kund*innen auch Mehrwegverpackungen anzubieten. Ausgenommen sind kleine Geschäfte bis 80 Quadratmetern Ladenfläche und mit maximal 5 Mitarbeitern. Ob der Kaffee in einen Pappbecher oder einen Mehrwegbecher kommt, entscheidet letztendlich der/die Kund*in. Warum dann nicht jetzt schon auf den extra Müll verzichten?
2,8 Milliarden Pappbecher werden jährlich in Deutschland verbraucht. Für ihre Produktion werden 43.000 Bäume gefällt, 3.000 Tonnen Rohöl verarbeitet und 1,5 Milliarden Liter Wasser verbraucht. Am Ende entstehen daraus 40.000 Tonnen Abfall pro Jahr.
Trügerisch ist dabei auch der Begriff „Pappbecher“. Denn um nicht durchzuweichen, haben die meisten Becher innen eine Kunststoffbeschichtung und sind nur schwer oder gar nicht zu recyceln. Dazu kommt, dass ein Großteil von ihnen (im besseren Fall) in öffentlichen Abfalleimern entsorgt wird und damit in der Müllverbrennung endet. Im schlechtesten Fall landet der Becher neben dem Eimer, zersetzt sich mit der Zeit und ins Wasser und den Boden gelangt Mikroplastik.
Alternativen zum Einwegbecher gibt es ja bereits genug. Viele Gastronomiebetriebe in München bieten entweder ihre eigenen Pfandbecher an oder haben sich Pfandsystemen wie „ReCup“ angeschlossen. Natürlich dürfen Kund*innen auch einfach ihren eigenen Becher mitbringen. Im Moment können Geschäfte diese allerdings noch ablehnen. Auch das soll sich durch das überarbeitete Verpackungsgesetz ab 2023 ändern. Auf Plattformen wie „Coffee to go again“ können Kund*innen sehen, welche Geschäfte mitgebrachte Becher akzeptieren. Im Zweifel einfach beim Lieblingscafé nachfragen.
Aber Mehrwegbecher bedeutet nicht automatisch besser! In der Produktion sind sie ressourcen- und energieaufwendiger als ihre kurzlebigen Pendants. Damit er wirklich nachhaltiger ist, muss ein Kaffeebecher aus Edelstahl etwa zwei Monate lang täglich in Benutzung sein. Hersteller von Pfand-Bechern geben an, dass ihr Produkt rund 500-1000 Mal benutzt werden kann. Oft scheitert es aber an der Rückgabe der Becher und sie verstauben in Küchenschränken.
Beim Kauf eines eigenen Kaffeebechers sollte außerdem auf das Material geachtet werden: Geschirr aus Melaminharz kann Melamin und Formaldehyd an die Lebensmittel abgeben und daher gesundheitsschädlich sein. Solche Produkte werden häufig als Bambus- oder Maisstärke-Geschirr bezeichnet und als besonders „grün“ beworben. Tatsächlich sind ihnen Bambusholzpulver und Maisstärke oft nur als Füllstoffe beigemischt.
Also nehmt auf Euren nächsten Spaziergang einen Kaffeebecher aus Porzellan, Glas oder Edelstahl mit. Übrigens: Laut Lebensmittelverband ist es auch während Corona-Zeiten möglich, eigene Becher mitzubringen und das Befüllen stellt kein besonderes Risiko dar. Die Entscheidung darüber liegt aber letztendlich beim Betreiber.
Quellen & weiterführende Links
Abfallvermeidung – München hat’s satt (Abfallwirtschaftsbetrieb München)
Coffee to go: Einwegbecher vermeiden (Verbraucherzentrale)
Schadstoffe in Bambusgeschirr – Abmahnungen wegen irreführender Werbung (Verbraucherzentrale)
Mehrweg statt Einweg für Kaffee und Co. (Umweltbundesamt)
Kaffeebecher – Greenwashing to go? (Zeit Online)
Gastronomie im Lockdown: Behältnisse mitbringen möglich (Lebensmittelverband)