Pressemitteilung
München, den 22. Juli 2016
Das breite Bündnis für eine sichere, faire und grüne Verkehrslösung in der Rosenheimer Straße äußert massive Kritik an der neuen Umbauvariante der Stadtverwaltung. Die Bündnispartner fordern Tempo 30 als Sofortmaßnahme und ein Gutachten zur Auswirkung der aktuellen Pläne auf alle VerkehrsteilnehmerInnen und Anwohner*innen.
Noch im Stadtratshearing zum Radverkehr am 8. Juni 2016 waren sich alle Parteien einig: Ein Ausbau der Radinfrastruktur darf nicht auf Kosten des Fußverkehrs gehen. Genau das Gegenteil stellte gestern das Baureferat im Rahmen einer öffentlichen Präsentation dem Bezirksausschuss 5 Au – Haidhausen gemeinsam mit VertreterInnen des Kreisverwaltungs- und Planungsreferats im Technischen Rathaus vor.
„Wir fallen in das Zeitalter der autogerechten Stadt zurück.“, sagt Andreas Schuster von Green City e.V. „Unter der Prämisse des Erhalts von vier Fahrspuren für den Autoverkehr wurde die Straße von innen geplant. Den kümmerlichen Rest dürfen sich dann RadfahrInnen und FußgängerInnen mit den parkenden Autos teilen. Die neue Variante sieht für den Fußverkehr in weiten Teilen lediglich extrem schmale 1,60 Meter Platz vor. Das ist effektiv eine Halbierung des heutigen Platzangebotes. Da braucht man schon sehr schmale FußgängerInnen mit schmalen Kinderwägen und Rollstühlen. Die vorgeschlagene Variante ist ein Armutszeugnis und weist genau in die falsche Richtung!“, so Schuster und sagt: „Wir fordern ein ausführliches Gutachten: Wie würde sich die Vorlage des Baureferats auf alle VerkehrsteilnehmerInnen, also FußgängerInnen, Radelnde und AutofahrerInnen, auswirken? Welche Kosten entstehen? Erst dann kann man die verschiedenen Konzepte vergleichen.“
„Der Zustand in der Rosenheimer Straße ist rechtlich unhaltbar, da sowohl die Grenzwert für Lärm als auch die für Stickoxide nicht eingehalten werden. Die Stadt muss tätig werden, um die Gesundheit der Menschen, die sich hier aufhalten, sicherzustellen. Der vorliegende Entwurf zum Radweg auf der Rosenheimer Straße verbessert jedoch die Bedingungen für die Anwohnerinnen und Anwohner in keinster Weise und verschlechtert sie für die FußgängerInnen.“, sagt Rolf Schiener vom Verkehrsclub Deutschland, Kreisverband München.
Verkehrsplaner Paul Bickelbacher von FUSS e.V. und Stadtrat Bündnis 90/Die Grünen sieht im neuen Konzept eine Variante, die voll zu Lasten der Fußgänger geht und die Chance für eine attraktive Rosenheimer Straße vertut: „Nur mit einem deutlich höheren Anteil an Fußverkehr, Radverkehr und öffentlichem Personennahverkehr können wir den durch den Bevölkerungszuwachs zu erwartenden zusätzlichen Verkehr stadtverträglich und ohne Dauerstau abwickeln. Jetzt soll dem Autoverkehr Tür und Tor geöffnet werden, was eine Beschleunigung nach sich zieht. Das ist nicht nur gefährlicher für die anderen VerkehrsteilnehmerInnen, auch Lärm und Abgase werden erhöht, statt gemindert. Nur durch den Erhalt der Bäume behält die Rosenheimer Straße zudem ihr charakteristisches Aussehen und ihre Attraktivität für die Anwohner und lokalen Einzelhändler.“
Für die neue Variante des Baureferats, die auf der Kooperationsvereinbarung von SPD und CSU beruht, werden auf ganzer Länge umfangreiche Baumaßnahmen notwendig, deren Kosten sich auf über fünf Millionen Euro belaufen. Deutlich mehr, als bei der ursprünglichen Variante der Verwaltung, die auf der Planung des Verkehrsingenieursbüros Kaulen basiert. Sie sah je eine Fahrspur für den Kfz-Verkehr vor und kam mit geringen baulichen Veränderungen außerhalb der Kreuzungen aus.
„Auch wenn das Gegenteil behauptet wird, so sind die neuen Radfahrstreifen nicht breiter geworden. Im Vergleich zum Vorschlag vom Frühjahr 2015, den das Kreisverwaltungsreferat aus Sicherheitsgründen ablehnen musste, wurden lediglich die Fahrspuren zu Lasten der FußgängerInnen um jeweils 15 Zentimeter verbreitert.“, erklärt Andreas Groh, stellvertretender Vorsitzender vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) München. Verärgert stellt er fest: „Die Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung schreibt an Straßen mit starkem Kraftverkehr breite Radfahrstreifen oder einen zusätzlichen Sicherheitsraum vor. Entlang der Parkbuchten, was ungefähr die Hälfte der Strecke ausmacht, wird dies nicht eingehalten, weshalb wir die Pläne weiterhin für rechtswidrig halten.“ Und ergänzt: „In Verbindung mit den immer noch recht schmalen Fahrspuren von lediglich drei Meter Breite – ein LKW kommt mit Außenspiegel auf bis zu 2,85 Meter – können zudem die vorgeschriebenen Sicherheitsabstände beim Vorbeifahren von Kraftfahrzeugen an Radfahrenden von eineinhalb bis zwei Meter nicht eingehalten werden.“ Keine Lösung gibt es zudem für den Lieferverkehr: „Die Parkbuchten sind mit zwei Meter Breite zu schmal für typische Lieferfahrzeuge wie Kühltransporte, weshalb diese erheblich in den Radfahrstreifen hineinragen oder gleich ganz auf dem Radfahrstreifen parken werden.“ Groh erklärt weiter: „Man muss auch an die schwachen Verkehrsteilnehmer denken: Radfahrende Kinder müssten auf dem geplanten schmalen Fußweg einen unzumutbaren ständigen Slalom zwischen Freischankflächen und parkenden Autos fahren“.
Martin Hänsel vom BUND Naturschutz Kreisgruppe München bringt es auf den Punkt: „Mit der Schmalspurvariante verlieren alle. Besser, man macht nichts, als diese Version. Kostengünstiger, zielführender und wesentlich schneller in der Umsetzung wäre die sofortige Einführung von Tempo 30. So könnte getestet werden, wie sich die Belastung für die Anwohner*innen verbessert. Gleichzeitig stellt Tempo 30 in diesem Bereich eine sinnvolle Lösung für den Radverkehr dar und ermöglicht ein sicheres und friedliches Miteinander aller VerkehrsteilnehmerInnen.“
Eine Visualisierung für eine sichere, faire und urbane Lösung für die Rosenheimer Straße finden Sie hier:
https://goo.gl/AchpYT
Ihre Ansprechpartner:
Paul Bickelbacher, Fuss e.V. und Stadtrat Bündnis 90/Die Grünen
E-Mail: paul.bickelbacher@t-online.de, Tel: 089 / 76 70 26 13
Andreas Schuster, Leiter Mobilität, Green City e.V.
Mail: andreas.schuster@greencity.de, Tel: 0173 / 86 14 505
Andreas Groh, stellvertretender Vorsitzender ADFC Kreisverband München
E-Mail: andreas.groh@adfc-muenchen.de, Tel: 0176 / 23 50 56 50
Martin Hänsel, stellvertretender Geschäftsführer BUND Naturschutz Kreisgruppe München
E-Mail: martin.haensel@bn-muenchen.de, Tel. 089 / 51 56 76 76
Rolf Schiener, stellvertretender Vorsitzender Verkehrsclub Deutschland, Kreisverband München
Email: schiener@muenchen-mail.de, Tel: 0176 /45 53 41 25
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