Mit diesem eindringlichen Appell unterstreicht Jim Skea die Notwendigkeit, möglichst schnell wirksame Klimaschutzmaßnahmen umzusetzen. Skea ist der Co-Vorsitzende der Arbeitsgruppe, die am 4. April den aktuellen Teil des 6. Sachstandsberichts des Weltklimarats IPCC veröffentlicht hat. Gute Nachrichten sind beim Klimaschutz selten und dennoch gilt: Einzelnen ausgearbeiteten Szenarien zufolge ist es sogar noch möglich, die Erderwärmung auf 1,5 °C im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu beschränken. Damit wäre die potentielle Erfüllung der Pariser Klimaschutzziele noch nicht vollends unerreichbar.
Der Weg dorthin ist jedoch beinahe utopisch. Obwohl die Emissionsreduktion seit Jahren auf der Agenda verschiedener Regierungen stehen, steigt der Ausstoß klimaschädlicher Gase bis heute weiter an. Laut IPCC darf das allerspätestens bis 2025 so weitergehen. Dann müssen die Zahlen des CO2äq-Ausstoßes sinken. Bis 2050 muss die Treibhausgasneutralität erreicht werden – andernfalls wird das 1,5°-Ziel verloren sein. Die Auswirkungen, die das auf unser so fein austariertes Ökosystem Erde haben wird, sind katastrophal. Die Anfänge in Form von Flut- oder Dürrekatastrophen erleben wir auch heute schon in Deutschland.
Bedingung hierfür ist eine rasche, tiefgreifende Senkung der Treibhausgasemissionen in allen Sektoren. In den meisten Fällen muss das sofort und kompromisslos erfolgen. Um die verschiedenen Sektoren wie Wohnen, Verkehr, Energieerzeugung oder Industrie in Richtung Netto-Null-Emissionen zu bringen, sind hohe Investitionen notwendig. Laut des IPCC sind ungefähr das drei- bis sechsfache der jetzigen Ausgaben für Klimaschutzmaßnahmen notwendig, um auch nur das 2°-Ziel zu erreichen. Das klingt auf den ersten Blick nach unerreichbaren Finanzierungen. Auf lange Sicht sind diese Ausgaben jedoch deutlich geringer gegenüber den zu erwartenden Folgekosten der globalen Klimaerwärmung – verursacht etwa durch Dürren, Waldbrände, Überschwemmungen und daraus resultierenden Ernteausfällen und Hungersnöten.
Es ist also unbedingt notwendig, jetzt schnell in wirksame Klimaschutzmaßnahmen zu investieren: Im Energiesektor z.B. für die Abkehr von fossilen Brennstoffen bei gleichzeitigem Ausbau erneuerbarer Energiequellen. Die Industrie muss entlang der gesamten Wertschöpfungskette koordinierte Maßnahmen einführen, insbesondere für Materialkreisläufe.
Die Verantwortlichen des aktuellen Sachstandsberichts sehen viele Chancen und ungenutzte Potentiale. So wird geschätzt, dass allein über grundlegende Verhaltensänderungen in den Sektoren Verkehr, Ernährung und Bauen die globalen Emissionen bis 2050 um bis zu 70 Prozent gesenkt werden können. Für diesen grundlegenden Wandel müssen laut Weltklimarat die rechtlichen Rahmenbedingungen und Infrastrukturen geschaffen werden. Ein Appell an die politischen Entscheider*innen weltweit. Die Klimakrise lässt sich nur noch aufhalten, wenn Klimaschutz gleichzeitig mit einer ganzheitlichen Transformation unseres Systems einhergeht.
Im dritten Teil des IPCC-Sachstandberichts heißt es: „Die anthropogenen Netto-Treibhausgasemissionen sind seit 2010 in allen wichtigen Sektoren weltweit gestiegen. Ein zunehmender Anteil der Emissionen kann städtischen Gebieten zugeordnet werden.“ Urbane Räume bieten gleichzeitig gute Voraussetzungen, um wirksam auf Netto-Null-Emissionen ausgerichtet zu werden. Dies kann durch eine Umstellung der Infrastruktur über emissionsarme Entwicklungspfade erreicht werden. Laut IPCC muss ein Fokus vor allem auf einer Steigerung der Ressourceneffizienz und einer signifikanten Senkung der Treibhausgasemissionen liegen. Das sind Ziele, die sich Städte innerhalb ihrer Verwaltungsgrenzen stecken müssen.
Um in München die systemische Transformation hin zu Netto-Null-Treibhausgasemissionen zu bewältigen und eine grüne, lebenswerte und zukunftsfähigen Stadt zu schaffen, sind alle Akteur*innen der Kommune gefordert. Das lässt sich auch global auf das Ziel einer klimaneutralen und -gerechten Welt für uns und alle kommenden Generationen übersetzen. Vieles davon fängt im Kleinen bei den Verbraucher*innen an. Den Fleischkonsum einschränken und das eigene Mobilitätsverhalten hinterfragen sind ein Bestandteil. Mindestens genauso wichtig ist es jedoch, dass sich die Entscheidungsträger*innen aus den verschiedenen wirtschaftlichen und politischen Sektoren ihrer Verantwortung stellen.
Green City e.V. sieht sich als Teil des so dringenden systemischen Wandels in München und treibt die ökologische Transformation aktiv voran. Denn über alldem steht schlussendlich weiterhin die Hoffnung: „Das Erreichen und Aufrechterhalten von globalen Netto-Null-Treibhausgasemissionen führt zu einem allmählichen Rückgang der Erwärmung“. (IPPC, 2022)
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