Die Bundesregierung verpflichtet sich die Pariser Klimaziele einzuhalten und Maßnahmen einzuleiten welche diese begünstigen. Nach wie vor bestehen jedoch weiterhin Anreize, sich umweltschädigend zu verhalten. Wie kann das sein? Ein erklärendes Beispiel dafür bietet das sogenannte Dienstwagenprivileg. Wir haben es einer kritischen Analyse unterzogen.
Deutschland ist unter den Top 10 der globalen CO2-Emittenten und hat Maßnahmen ergriffen seine Industrien CO2 ärmer zu gestalten. Auch das Klimaschutzprogramm 2050 legt fest, dass Deutschland seine Emissionen von 909 Millionen Tonnen CO2 Äquivalente (Mt CO2-eq) im Jahr 2016 auf 751 Mt CO2-eq bis 2020, 563 Mt CO2-eq bis 2030 und 375 Mt CO2-eq bis 2040 reduzieren muss, um bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen. [1]
Das bedeutet: In jedem Sektor sind einschneidende Maßnahmen erforderlich, um die CO2-Emissionen zu reduzieren. Andernfalls werden die Klimaziele verfehlt. Das betrifft auch – und vor allem – das Transportwesen. Hier heißt es laut Bundesverkehrsministerium (BMVI) konkret, dass die Emissionen bis 2030 um 40-42% (verglichen zu 1990) reduziert werden sollen. Dieses Ziel ist allerdings sehr schwer zu erreichen. Bisher wurde kaum eine Besserung erzielt. Anders als in anderen Sektoren sind die Emissionen im Transportwesen zwischen 1990 und 2015 stattdessen stabil bei 164 Mt CO2-eq geblieben und in den Jahren 2016 und 2017 sogar gestiegen. [2]
Dies hängt mit jenen umweltschädlichen Subventionen zusammen, die eingangs angesprochen wurden. So verändert sich das Verhalten in der Mobilität nur schleppend. Ein Beispiel dafür stellt der vom Staat immer noch gewährte finanzielle Anreiz dar, einen Dienstwagen zu nutzen. Ob im Außendienst oder im Vertrieb arbeitend: In vielen größeren Betrieben ist die Nutzung eines Dienstwagens dadurch zum Standard geworden. Hinzu kommt, dass die Aussicht auf einen Firmenwagen auch dafür genutzt wird, um eine ausgeschriebene Stelle schmackhafter zu machen. Für das Unternehmen selbst ergeben sich hierbei steuerliche Vorteile, da die gesamten Anschaffungskosten von der Steuer abgesetzt werden können. Dies gilt auch für alle laufenden Kosten wie Kraftstoff, Reparaturen und Verschleiß [3].
Man könnte jetzt einwerfen, dass es sich hierbei um keine direkte staatliche Förderung handelt, und argumentieren, dass Dienstwagen nun einmal notwendig für gewisse Arbeitsabläufe sind und deswegen darauf nicht verzichtet werden kann. Dem kann jedoch entgegnet werden, dass keiner von Verzicht im Arbeitsbereich spricht, es angesichts der ambitionierten Klimaziele aber Maßnahmen geben muss, welche das private Nutzen eines Dienstwagens weniger attraktiv machen. Wie schon erwähnt, werden klimaschädliche Subventionen vor allem durch steuerliche Vorteile für Dienstwägen gewährt. Diese sind jedoch nur für eine Nutzung im Dienst vorgesehen. Oftmals werden die damit verbundenen finanziellen Vorteile aber dahingehend missbraucht, das Auto auch für private Zwecke zu nutzen und somit privat Kosten einzusparen. Die Nutzung öffentlicher, klimafreundlicher Verkehrsmittel wird hingegen unattraktiv, da sie nicht staatlich subventioniert und damit teurer ist. [4]
Die Auswirkungen dieser Vorteile zeigen sich darin, dass die Nachfrage nach PKWs, die für die dienstliche Nutzung zur Verfügung gestellt werden sollen, unverändert hoch bleibt. Mehr als zwei Drittel der Neufahrzeuge mit über 200 PS werden an Unternehmen und Selbständige ausgeliefert. Auch neue Fahrzeuge der gehobenen Mittel– und Oberklasse werden zu über 80 Prozent gewerblich zugelassen [5].
So wird statt umweltfreundlicher Alternativen weiterhin genutzt: das Auto. Und zwar in vollem Maße: Eine Studie führt vor Augen, dass Firmenwagen fast doppelt so viel gefahren werden, mit einem monatlichen Durchschnitt von 2056 km als Privatfahrzeuge, welche durchschnittlich 1069 km pro Monat gefahren werden. Hinzukommt, dass die staatliche Förderung dazu führt, dass die Fahrzeuge schneller ausgetauscht und neue Kfz angeschafft werden. [6]
Wie kann das in Zukunft verhindert und so ein wichtiger Beitrag zur Verkehrswende geleistet werden? Die Regierung könnte die Anreize so verändern, dass Vielfahrer höhere Steuern zahlen. Oder die Viertel-Regelung, welche 2019 in Kraft getreten ist, über 2030 hinaus verlängern. Wer sich nämlich für ein Elektro- oder Hybridauto entscheidet, der kann von weitaus höheren steuerlichen Vorteilen profitieren. Denn anstatt einem Prozent vom Bruttolistenpreis werden für Elektroautos bis zu einem Kaufpreis von 60.000 EUR nur 0,25 Prozent angerechnet, die versteuert werden müssen. Ist das Auto teurer, gibt es immer noch eine Vergünstigung von 0,5 Prozent. Bei Hybridautos werden unabhängig vom Kaufpreis immer 0,5 Prozent angesetzt. [7]
Das wäre ein Schritt in die Richtung, die auch Umweltverbände und Initiativen wie der Verkehrsclub Deutschland und Agora Verkehrswende fordern: Die Dienstwagenbesteuerung danach zu staffeln, wie viel Emissionen ein Auto verursacht. Das würde einen stärkeren Anreiz schaffen, Autos mit klimafreundlichen Antriebstechnologien zu kaufen. [8]
Letztendlich lässt sich sagen, dass die eben beschriebenen umweltschädlichen Subventionen die Anstrengungen für den Umweltschutz konterkarieren, den die Gesellschaft an anderen Stellen mit großem Aufwand betreibt. Auch Stefan Gössling, Professor an der Universität Lund und Experte für Tourismus, Mobilität und Nachhaltigkeit, betont in einem Interview, dass in Zeiten des Klimawandels bestimmte Subventionsformen einfach nicht mehr zeitgemäß seien. Man sollte stattdessen den Verkehr subventionieren, der Emissionen reduziert. Angesichts der sich verschärfenden Klimakrise ist eine Neuorientierung der Verkehrspolitik an den Bedürfnissen von Umwelt und Mensch dringend notwendig. [9]
[1] https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/14693062.2018.1533446
[2] https://www.bmu.de/fileadmin/Daten_BMU/Bilder_Sharepics/mehrklimaschutz/emissions_entwicklung.png
[3] https://germanwatch.org/sites/germanwatch.org/files/announcement/6388.pdf
[4] https://www.zeit.de/wirtschaft/2019-09/klimawandel-klimapolitik-umweltschaedliche-subventionen-steuergeschenke#steuerrabatte-fuer-autofahrer
[5] https://germanwatch.org/sites/germanwatch.org/files/announcement/6388.pdf
[6] https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/14693062.2018.1533446
[7] https://www.carwow.de/ratgeber/elektroauto/steuervorteile-fuer-e-autos-und-hybride-als-dienstwagen
[8] https://www.zeit.de/wirtschaft/2019-09/klimawandel-klimapolitik-umweltschaedliche-subventionen-steuergeschenke#steuerrabatte-fuer-autofahrer
[9] https://www.duh.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung/in-zeiten-des-klimawandels-sind-subventionsformen-wie-das-dienstwagenprivileg-einfach-nicht-mehr-ze/